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Vororientierungen [Stand 1985]                                  Seite 71
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Süddeutscher Rundfunk (SDR): III. Studio Karlsruhe


1) Aufnahmeräume (heutige Situation kurzgefaßt)

   Der Sendesaal des Funkhauses ist die zentrale Aufnahmestätte für
Studioproduktionen und Konzertmitschnitte (er wird seit Juli 1971 für
Produktionen auch vom Studio Heidelberg-Mannheim mitbenutzt). Darüber
hinaus entstehen Mitschnitte in einer ganzen Reihe von Außenräumen, so
z. B. in den Kammermusiksälen der Schlösser Ettlingen und Bruchsal.


2) Rahmendaten zur Entwicklung

   "Radio Stuttgart, Studio Karlsruhe" meldete sich zum ersten Mal am 4.
März 1948. Als Sendebeginn wird oft auch der 14. März angegeben; an
diesem Tag aber fand nur die "offizielle Eröffnungssendung" statt. Ort
der Handlung, zumindest von der Adresse her, war das ausgebrannte Palais
Bürklin, Kriegsstraße 166/68. Im hinteren Teil des Terrains, im soge-
nannten Gartenhaus, hatte man Räume hergerichtet, von denen der größte
ca. 180 cbm umfaßte und als "Allzweckstudio" diente. Wieso eigentlich
ausgerechnet dieses Palais Bürklin zum "Funkhaus" erkoren worden war,
ist ein Rätsel. Allerdings war hier während des Krieges die Musikhoch-
schule untergebracht worden, vielleicht war das der Grund. (Es hatte im
übrigen auch einen dem Hauptsender Stuttgart zugeordneten Nebensender
gegeben; er war aber ebenfalls im Krieg zerstört worden.)
   Selbstverständlich konnten im "Gartenhaus-Studio" nur Kleinstbe-
setzungen "adäquat" arbeiten. Im Januar 1949 kam dann aber für größere
Ensembles (Kammerchor, Tanzcombos usw.) ein Saal hinzu, und zwar war das
der Munzsaal im Munzschen Konservatorium; doch auch er stand, weil er
fast den ganzen Tag über durch Unterricht belegt war, nur bedingt zur
Verfügung. Deshalb wechselte die Musikproduktion 1950 in den Saal des
Gasthauses Ziegler, Baumeisterstraße 18 (Ziegler-Saal); hier blieb man
bis zur Inbetriebnahme des neuen Studios in der Kriegsstraße. Für große
Veranstaltungen, Sinfoniekonzerte und dergleichen, gab es lange Zeit nur
einen einzigen geeigneten Saal: das 1912 erbaute Städtische Konzerthaus,
Festplatz 9. Es wurde schon im Oktober 1945 wiedereröffnet und bildete
bis 1975 die Ersatzbühne für das im Krieg zerstörte Große Haus des
Badischen Staatstheaters. Übertragungen gab es von hier seit 1947 (vgl.
Symphony in three movements/Müller-Kray). Man beachte, daß der Saal 1954
beträchtliche Änderungen erfuhr, auch in der Akustik. Das Platzangebot
verringerte sich dabei von 1200 auf 1055 (rechteckiger Grundriß, U-Rang;
Innenraumfotos nach dem Umbau: Ebert, 1954; Griewisch/Hegner, 1956). Das
im Staatstheater ansässige Orchester ist die Badische Staatskapelle
(Dirigent von 1940 bis 1955: Otto Matzerath, vgl. HR).
   1954 wurden die Pläne für eine bauliche Neugestaltung des Studios
Karlsruhe konkret. Die Wahl des Standorts war auf das Palaisareal gefal-
len, wobei man sich aber nicht von dem Villa Berg-Muster leiten ließ,
das erlauchte Herrschaftshaus wiederaufzubauen, zu restaurieren, was
durchaus möglich gewesen wäre, denn eine Ruine, wie in Prospekten
behauptet wird, war es nicht, jedenfalls nicht im vollen Sinn des
Wortes. Entschieden hatte man sich vielmehr für einen neuen Zweckbau,
für dessen Bauabschnitt 1 der vordere Palais-Trakt weichen mußte (ein
Bauvorhaben, das heute mit Sicherheit nicht mehr genehmigt würde). Am 7.
Mai 1957 wurde dieser Neubauteil, der wegen seiner blauen Fassade
"blaues Haus" genannt wird, dem Betrieb übergeben. Er enthält an Studios
den Sendesaal, der als ausgezeichneter Kammermusiksaal bekannt ist, und
ein Sprecherstudio.

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RR Sendesaal: rd. 2800 cbm (Grundfläche: nichtgleichschenkliges Trapez,
   drei Wände mehr oder minder stark gewellt, siehe unten),
   1,4 sec/Q 1958, Kammerorchester, ca. 210 Sitzplätze (in einer
   Ebene). Innenraumfoto: Keidel, 1958.


                           Abbildungen
                   Grundriß des Saales, Fotos
             vgl. Literaturverzeichnis (fehlt noch)


   Anfang 1958 folgte der Abbruch des letzten Palaisteils, des Garten-
hauses; errichtet wurde Bauabschnitt 2 mit einem Sende- und einem
Hörspielkomplex (Publikumsöffnung: 28. Juli 1960, effektive Inbetrieb-
nahme: 15. August, Volumen des großen Hörspielstudios: 461 cbm). Am 1.
Dezember 1972 - eine andere Quelle sagt: im Mai 1973 - kam schließlich
noch ein kleines Studio für - wie es in einer Broschüre heißt -"vielfäl-
tige aktuelle Aufgaben" hinzu. Die "Vielfalt" dürfte jedoch so ihre
Grenzen haben, denn der Rauminhalt beträgt nur 27 cbm.


3) Ettlinger und Bruchsaler Schloßkonzerte, "Pantographie"

   Das Studio Karlsruhe hat im Laufe der Zeit die Kammermusik in all
ihren Spielarten in den Mittelpunkt seiner klassischen Musikproduktion
gerückt. Hierzu trug sicherlich in großem Maß die Verfügbarkeit dreier
hervorragender Kammermusiksäle bei. Der eine ist der bereits oben vorge-
stellte Sendesaal des Funkhauses. Die anderen beiden sind der Asamsaal
des Ettlinger Schlosses - das erste Konzert in Verbindung mit dem SDR
fand am 21. Mai 1955 statt - und der im Krieg stark zerstörte Musiksaal
des Bruchsaler Schlosses. Er wurde am 11. März 1955 feierlich wiederer-
öffnet, am 25. Juni folgte das erste der in Verbindung mit dem SDR
ausgetragenen Konzerte (ca. 160 Sitzplätze, Bedarfsbestuhlung; Innen-
raumfoto: Musica, 5/1955). Seit Ende 1956 gibt es den Usus, daß die
Konzerte, deren Abstände von Veranstaltung zu Veranstaltung sehr vari-
ieren können, in Bruchsal im Winterhalbjahr und die in Ettlingen im
Sommerhalbjahr stattfinden (Ausnahmen sind äußerst selten). Man beachte:
Die Bezeichnungen "Ettlinger Schloßkonzert" und "Bruchsaler Schloßkon-
zert" wurden erst im Frühjahr 1956 eingeführt; davor hießen die Konzerte
"Kammermusikabende".
   Einst archivierte das Studio Karlsruhe seine Klassik-Aufnahmen selbst
(wie dies das Studio Heidelberg-Mannheim im Regelfall noch heute tut).
Vor einigen Jahren aber ging die Dokumentation an die Zentrale in
Stuttgart über, so daß die Karlsruher Produktionen, einst im allgemeinen
augenscheinlich kenntlich durch ein "M" vor der Bandnummer (außerdem
durch das "KM" vor der Auftragsnummer), heute durchweg mit Stuttgarter
Katalognummern versehen werden; ein Usus, der früher z. B. bei Bandüber-
nahmen auch schon vorkommen konnte. Den umgekehrten Fall gibt es ebenso:
Stuttgarter Produktionen mit Karlsruher Katalognumerierung, z. B. bei
früheren Mitschnitten von den Schwetzinger Festspielen. Nicht in allen
Fällen läßt sich also quasi blind die Identifikation des produzierenden
Hauses feststellen. Die Karten enthalten zwar, wie gesagt, meist auch
Auftragsnummern, doch läßt sich auch davon keine immer geltende Regel
ableiten. Man muß, um beispielsweise Produktion und Auftragsaufzeich-
nung zu bestimmen, gelegentlich mit Fingerspitzengefühl Produktions-
traditionen und ähnliche Zusammenhänge ins Kalkül ziehen (Angaben zur
Aufnahmeleitung, zu Technikern beispielsweise). Daß dies gelegentlich

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auch einen Irrtum hervorruft, ist wohl nicht zu vermeiden. Man wundere
sich alles in allem also nicht, wenn man das hier verwendete Kürzel "SDR
K'he" - ohne Fußnote kennzeichnet es Eigenproduktionen, mit Fußnoten
Auftragsaufzeichnungen für Stuttgart - mit unterschiedlichen "Nummern-
kreisen", also auch mit Stuttgarter Nummern, verbunden sieht. Wie
gesagt, zuständig für die Dokumentation ist heute in jeden Fall das
Hauptarchiv in Stuttgart. (Dokumententeil: Beispiel für eine Karlsruher
"Anmeldung zur Schallaufnahme" mit dem Stempel "STEREO KOMPATIBEL", KM
3350, 3.2.1966, Geschichte vom Soldaten/Konzertsuite/Turnovksy, dazu
auf dem Konzertprogrammzettel eine wichtige maschinenschriftliche
Ergänzung.)
   Der auf uns gekommene Bandbestand enthält nicht genügend passende
Aufnahmen Strawinskyscher Werke, um eine halbwegs gangbare "Panto-
graphie" zusammenzustellen. Aber vielleicht findet sich mit der Zeit
noch die eine oder andere Aufnahme.


Monat/Jahr             Aspekt                        Aufnahme
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   1955(?)      Älteste erhalten gebliebe-     Pater noster, Ave Maria,
                ne Strawinsky-Bänder des       Credo/Wehrle
                Studios Karlsruhe*

 1/1960         Sendesaal                      Apollon musagète/
                                               Capdevielle

11/1962         Bruchsaler Schloßkonzert/      Le baiser de la fée/
                Musiksaal                      Divertimento [...] pour
                                               violon et piano/Grumiaux

 4/1967         Ettlinger Schloßkonzert/       Pulcinella/Suite itali-
                Asamsaal                       enne pour violoncelle
                                               et piano: Carmirelli

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*1952 entstand ein - allerdings von Stuttgart produzierter - Konzertmit-
schnitt aus dem Städtischen Konzerthaus in Karlsruhe, vgl. Symphony in
three movements/Müller-Kray


                      * - * - * - * - * - * - * - *
















[sdrk]

Fassung 1985, Online: 15.9.2002, Version: 1.02, 14.11.2002 (Erläuterung: Intro 2002 ff.)

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