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Vororientierungen [Stand 1985]                                 Seite 111
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Südwestfunk (SWF): II. Landesstudio Rheinland-Pfalz


1) Aufnahmeräume (heutige Situation kurzgefaßt)

   Im Mittelpunkt der Musikproduktion stehen in Kaiserslautern für U-
Musik der Sendesaal und in Mainz für Kammermusik das Fernsehsynchron-
studio 1.


2) Rahmendaten zur Entwicklung

a) Studio Koblenz

   Das Landesstudio Rheinland-Pfalz mit dem Hauptsitz in Mainz ging
1951 aus dem Zusammenschluß zweier Studios hervor: Koblenz, das bei
der Zusammenlegung zur Nebenstelle reduziert wurde, und Kaiserslautern,
das heute noch in der Musikproduktion aktiv ist.
   Über die Aufnahmetätigkeit des einst mehr oder minder selbständigen
Studios Koblenz ist nicht sehr viel bekannt. Tondokumente sind äußerst
rar, selbstproduzierte Musikaufnahmen noch rarer - wenn da überhaupt
noch eine Steigerungsform möglich ist. Man muß sich nämlich vergegen-
wärtigen, daß in der frühen Zeit fast alles direkt gesendet wurde und
die Magnetophontechnik, 1947/48 zaghaft eingeführt, offenbar erst 1949
zum integrierten Bestandteil des Koblenzer Studiobetriebs geworden war,
zumindest läßt sich das so aus entsprechenden Quellen - Programmaus-
drucken der Hör zu! beispielsweise - herauslesen. Was allerdings bei
diesem Quellenstudium nicht festgestellt werden konnte, war, ob es je
irgendwelche Aufnahmen von Werken Strawinskys gegeben hat.
   Über die ganz frühe Phase des Rundfunkneuaufbaus in Koblenz ist so
gut wie nichts bekannt. Aber es sieht so aus, als hätte bereits die ame-
rikanische Armee, die das Gebiet vor den Franzosen besetzt hatte,
irgendwelche ersten Sendungen (vielleicht auch nur Durchsagen und Mel-
dungen) an die Bevölkerung ausgestrahlt. Der eigentliche erste Schritt
zum Aufbau einer Rundfunkstation ging aber dann wohl im Juni oder Juli
von den Franzosen aus, wobei diesen Bemühungen aber offenbar kein Erfolg
beschieden war. Wie dem auch ist, wie immer die Vorgeschichte verlaufen
sein mag, am 1. August 1945 übertrug man einem Verleger namens Anton
Tilman Veit die Aufgabe, in enger Zusammenarbeit mit der regionalen
Militärregierung eine Rundfunkanstalt aufzubauen.
   Veit war Herausgeber einer damals in Bad Ems für kurze Zeit erschie-
nenen Zeitung namens "Mittelrhein-Kurier". Sein Verlegerradio - in
dieser Funktion im Hinblick auf die Entwicklung der letzten Jahre zwei-
fellos ein kurioser Fall in der deutschen Rundfunkgeschichte - arbeitete
vollkommen "normal" und regulär. Er besaß nicht nur die Genehmigung der
französischen Militärs des Koblenzer Raumes, er befand sich auch im
Einklang mit der Post, ihren Hoheitsrechten und Geldanprüchen. Wie
unbekümmert Veit vorging, zeigen seine Annoncen (Stellenausschreibungen)
im "Mittelrhein-Kurier". Eine der frühesten, vielleicht die allererste,
findet man in der Ausgabe vom 23. August 1945. Wenn nicht alles täuscht,
lief schon spätestens am 15. September die erste Probesendung. Die
regelmäßige Ausstrahlung eines täglichen Programms (bis zu mehreren
Stunden) setzte am 14. Oktober ein. Als "Funkhaus" diente die im Krieg
stark zerstörte Flakkaserne Falckenstein in Koblenz-Lützel (zwischen
Koblenz und Metternich, heute eine Bundeswehrkaserne, Von-Kuhl-Straße
50). Hier hatte man im Block 4 in genialer Weise mit den primitivsten
Mitteln "Funkräume" hergerichtet. Sehr günstig wirkte sich auf das ganze
Unterfangen die glückliche Tatsache aus, daß der hohe, in unmittelbarer

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Nähe zur Kaserne befindliche Sendemast des ehemaligen Nebensenders
Koblenz-Trier (einst zum Reichssender Frankfurt gehörend) den Krieg
unbeschädigt überstanden hatte.
   Veit muß ein unglaublich geschickter Organisator gewesen sein (man
vergesse in diesem Zusammenhang nicht die Nebenbedeutung von "organi-
sieren"). Überaus ehrgeizig war er auch. So heißt es in der oben erwähn-
ten Annonce u. a.: "Für ein zu gründendes Philharmonisches Orchester
suche ich [sic, DP] einen Dirigenten." Hierbei handelt es sich um die
Initiative zur Neugründung des "Philharmonischen Orchesters Koblenz" (ab
November 1945: Rheinisches Philharmonisches Orchester, spätestens seit
1948: Rheinische Philharmonie [auch mit Zusatz: Koblenz], heute: Staats-
orchester Rheinische Philharmonie). Weitere Gründungen Veits waren u. a.
ein Chor, ein Tanzorchester und ein Unterhaltungsorchester. Man versteht
ohne Schwierigkeiten, daß dieser Gründergeist der Militärregierung
zunehmend Kopfzerbrechen bereitete. Eine solche private Rührigkeit paßte
nicht so recht in die zentralistischen Pläne. Zunächst unterstütze man
jedoch die Aktivitäten Veits. Baden-Baden inserierte sogar in seiner
Zeitung. Man nutzte die Initiativen, die Pionierarbeiten, doch dann
scheinen Spannungen aufgekommen zu sein. Welcher Art sie waren, ist
nicht bekannt. Oder genauer: Was man hierzu an Andeutungen finden kann,
ist sehr vage. Meist läuft der Tenor darauf hinaus, Verfehlungen auf
seiten Veits zu vermuten, zu unterstellen, wie immer man das nennen
will. Doch kommt man so überhaupt an den Kern der Sache heran? Ist es
nicht sinnvoller zu fragen, ob die Militärzentrale in Baden-Baden nicht
Sorge vor möglichen Eigenentwicklungen hatte? Schließlich war Koblenz -
später rheinland-pfälzischer Regierungssitz - in dieser weit auseinan-
dergerissenen französischen Zone einer der äußersten Punkte. Was verband
es schon mit Baden-Baden? Wie gesagt, man kann derzeit nur fragen, eines
aber ist eine Tatsache: Am 9. Februar 1946 wurde Veit die Konzession
entzogen und sein Rundfunk der Baden-Badener Zentrale unterstellt. Als
am 31. März der SWF seinen Sendebetrieb eröffnete, meldete sich "Radio
Koblenz" als ein Studio des SWF! Das einst eigenständige Programm wurde
zum Regionalbeitrag reduziert, wobei der Schwerpunkt auf der Bericht-
erstattung aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt lag.
   Obwohl für "Radio Koblenz" alias "Studio Koblenz" nun nicht mehr so
viel Sendezeit übrigblieb, sich kulturell zu präsentieren, kann man
beileibe nicht von einem Ende reden, zumindest nicht auf musikalischem
Gebiet. Denn es entstand hier z. B. nach und nach das "Südwestfunk
Unterhaltungs-Orchester" Koblenzer Prägung. Und um nun dies und die ver-
bliebene Regionalarbeit geordnet zu ermöglichen, wurde in den folgenden
Jahren das "Kasernen-Funkhaus" sogar noch ausgebaut. Einen Sendesaal
oder ein Studio vergleichbarer Größe hat es dort allerdings nie gegeben.
Zur Verfügung gestanden hatte lediglich ein kleines "Musikstudio", in
dem Kammermusik und kleine Unterhaltungsensembles aufgenommen werden
konnten. Zwei Fotoausschnitte vom Behelfszustand von 1946 waren die
einzigen Bilddokumente, die in der Literatur zu finden waren. Sie zeigen
das "Koblenzer Rundfunk-Orchester" unter Rudi José bei der Arbeit (vgl.
SWF, Ein Jahr Südwestfunk, [1947]; SWF intern, 1/1977; zu diesem
Orchester siehe weiter unten).
   Als Sendesaalersatz fungierte größtenteils der große Saal des Görres-
baus des Katholischen Lesevereins (Alt-Koblenz, Firmungstraße 28 Ecke
Eltzerhofstraße). Der Görresbau, 1866 eingeweiht, war im nahezu total
zerbombten Koblenz einer der wenigen stehengebliebenen Saalbauten, die
trotz mehr oder minder großer Schäden sofort benutzt werden konnten.
Hier fanden Veranstaltungen aller Art statt, in der unmittelbaren Zeit
nach dem Krieg wohl auch Sinfoniekonzerte. Und in der Zeit Oktober 1948
bis März 1951 hielt hier sogar der rheinland-pfälzische Landtag seine
Ausschuß- und Plenarsitzungen ab. Im Mittelpunkt stand hierbei der von

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der Innengestaltung her bedeutende große Saal, den etwa von Mitte 1948
an - also praktisch parallel zum Landtag - das Studio Koblenz als Außen-
studio für das von Otto Gerdes geleitete Südwestfunk Unterhaltungs-
Orchester nutzte. Dieses Orchester hatte im März 1948 die Nachfolge des
im August 1947 aufgelösten Koblenzer Rundfunk-Orchesters angetreten. (In
Smola, 1976, taucht für einen Raum ohne jede Erläuterung die Formulie-
rung "in der Lese" auf. Damit kann eigentlich nur der Görresbau gemeint
sein. Offenbar war "die Lese" im Musikerjargon der Kurzbegriff für
irgendetwas, was mit dem "LESEverein" zusammenhing. Möglicherweise eine
Kneipe, denn es gab in der Nachkriegszeit wohl keinen Saal ohne Kneipe.)
   Das klassische Musikgeschehen im Koblenz der Nachkriegszeit konzen-
trierte sich um die im Herbst 1945 gegründete Rheinische Philharmonie
unter Otto Winkler (Dirigent von 1946 bis 1958, zu den Bezeichnungen des
Orchesters siehe oben). Welchen Saal das Orchester als Konzert- bzw.
Übertragungssaal benutzte ist nicht ganz geklärt. Man weiß aber in etwa,
welche Säle es gab.
   Zunächst einmal gab es den oben erwähnten Saal des Görresbaus. Dann
gab es den großen Saal des Rathauses (nach dem Krieg bis Mai 1946
provisorischer Sitz des Theaters) und es gab, wie eben schon angedeutet,
das wiedereröffnete Theater, an dem das Orchester gastverpflichtet war.
Es existierte daneben aber auch ein bislang noch nicht identifizierter
sogenannter Koblenzer Filmpalast. Hier gab beispielsweise das Große
Orchester des SWF am 25. Januar 1947 anläßlich der Inbetriebnahme der
ersten Groß-Senderanlage der Anstalt ein Festkonzert (Melos, 4/1947:
"Der Höhepunkt des Programms war die Symphonie in C von Igor Strawinsky,
die das Orchester unter GMD G. E. Lessing in dieser Spielzeit bereits
zum dritten Male spielte - ein im heutigen deutschen Musikleben
zweifellos einzig dastehendes Faktum.")
   Am 16. Mai 1950 beschloß der Landtag, den rheinland-pfälzischen
Regierungssitz von Koblenz nach Mainz zu verlegen (die erste Landtags-
sitzung in Mainz fand am 18. Mai 1951 statt). Damit begann auch für den
Landesrundfunk die Arbeit der Umstrukturierung, die sich bis in die
Musikorganisation auswirkte: Im April 1951 fusionierten die beiden
Unterhaltungsorchester von Koblenz und Kaiserslautern. Zum Standort des
neuen Orchesters erkor man Kaiserslautern. Das Studio als solches ging
nach Mainz, sein Umzug war am 30. April abgeschlossen (siehe weiter
unten).
  
b) Studio Kaiserslautern

   Der Arbeits- und Sendebeginn des SWF-Studios Kaiserslautern erfolgte
am 9. Juli 1946. Ob dies in dieser Region die erste deutsche Rundfunk-
aktivität nach dem Krieg war, ist nicht gewiß; denn es gibt Anzeichen
dafür, daß sich aus dem Umfeld des ehemaligen Nebensenders Kaisers-
lautern - er gehörte einst sukzessiv zu München, Frankfurt und Saar-
brücken - irgendein Behelfsradio gebildet hatte, das, um es zum Regio-
nalstudio auszubauen, von Baden-Baden aus dem SWF angegliedert worden
war. Dies geschah wahrscheinlich im Mai.
   Untergebracht war der "Heimatsender Kaiserslautern", wie das Studio
inoffiziell genannt wurde, im Gebäude der Volksbank, Kanalstraße 4. Hier
stand auch ein etwa 240 cbm großer Sendesaal zur Verfügung, der in der
SWF-Broschüre "Ein Jahr Südwestfunk", [1947], als "modern ausgerüstet"
beschrieben wird (Innenraumfoto/Ausschnitt: ebenda, informativer repro-
duziert in: Smola, 1976). Genau wie für Koblenz oder Freiburg entschied
man auch für Kaiserslautern, daß der Hauptbeitrag zum SWF-Musikprogramm
auf dem U-Musiksektor zu liegen habe und diesem Zweck diente das im Mai
1946 von Heinrich Geiger gegründete "Funk-Orchester" (Leitung ab 1948:
Emmerich Smola). Zunächst wurden alle Sendungen dieses Orchesters direkt

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aus dem Sendesaal des "Bank-Funkhauses" ausgestrahlt (Bandaufzeichnungen
waren erst ab 1948/1949 möglich), bis man, da mit den Ansprüchen auch
der Umfang des Orchesters gewachsen war, ca. 1947 in einen Kinosaal
überwechselte. Doch auch das war nur eine Übergangslösung; man bezog
Anfang 1949 den rd. 2300 cbm großen Saal des protestantischen Gemeinde-
hauses "Alte Eintracht", Rittersberg 5. Hier blieb das Orchester fast 10
Jahre. Als sich im April/Mai 1951 das "Große Unterhaltungsorchester des
Südwestfunks" konstituierte - es war aus der Fusion des Kaiserslauterer
"Funk-Orchesters" mit dem Koblenzer "Südwestfunk Unterhaltungs-
Orchester" entstanden -, ergab sich im Laufe der Zeit die Notwendigkeit,
den ursprünglich mit sparsamsten Mitteln hergerichteten Saal den neuen
Nutzungsbedingungen technisch und akustisch anzupassen. Diese neue
"endlich adaquäte" Fassung wurde 1952 erstellt und am 19. Dezember dem
Betrieb übergeben (Innenraumfoto nach dem Umbau: SWF intern, 5/6 1976;
Foto von der Podiumpartie mit Reflektoren, 1954: Köhler, 1977).
   Der zunehmende Fluglärm war einer der Hauptgründe, sich abermals zu
verändern; diesmal jedoch durch einen Studioneubau, Fliegerstraße 36.
Kern dieses Funkhauses ist der Sendesaal, der speziell auf die Erforder-
nisse des "Rundfunkorchesters des Südwestfunks" (wie die Bezeichnung des
"Großen Unterhaltungsorchesters" seit 1962 lautet) abgestimmt ist. Als
weiteres Studio existiert nur noch ein Sprecherraum. Die Einweihung des
Neubaus fand am 1. Februar 1958 statt.

RR Großes Studio (Sendesaal): rd. 4000 cbm (rechteckige Grundfläche),
   1,6 sec/Q 1958 (veränderbare Akustik durch zahllose verstellbare
   Reflektoren), mittleres Orchester, ca. 300 Sitzplätze (ansteigend,
   keine Empore). Innenraumfotos: Eber/Straub, 1958; Thiele, 1958.


                        Abbildungen
          Grundriß des Funkhauses (Sendesaal), Fotos
            vgl. Literaturverzeichnis (fehlt noch)


   Musikalische Regionalaktivitäten der "E-Musik" haben meist nicht die
direkten Möglichkeiten, sich über Medien darzustellen. Also erhofft man
sich, soweit denkbar, Unterstützung von den voll ausgerüsteten Rundfunk-
anstalten, die auch sehr oft und vielfältig gewährt wird. Wie erwähnt,
gab es die Möglichkeit der Magnetophonaufzeichnung im Studio Kaisers-
lautern schon sehr früh und seit langem besteht auch eine hochmoderne
Anlage mit den nötigen Aufnahmetechniken. Von all dem profitieren im
Grunde - obwohl die Hauptaufgabe des Studios Kaiserslautern in der
Arbeit auf dem (orchestralen) Unterhaltungssektor gesehen wird - auch
rundumliegende klassische Regionalorchester.
   Die zwei bekanntesten Orchester dieser Region sind typische Unterneh-
mungen ihrer Art: das Orchester des Pfalztheaters Kaiserslautern und das
in Ludwigshafen ansässige Staatsorchester Rheinland-Pfalz (Pfälzische
Philharmonie, früher: Pfälzisches Landesorchester, Philharmonisches
Orchester der Pfalz oder Pfalzorchester Ludwigshafen; erster Nach-
kriegsdirigent: Karl Maria Zwissler). Hinsichtlich des hier im Mittel-
punkt stehenden Komponisten ist allerdings von diesen beiden Orchestern
bislang (1985) kein "Aufnahme-Lebenszeichen" (Einspielung, Studiopro-
duktion oder Mitschnitt) nachgewiesen.
   Das älteste hier verzeichnete Strawinsky-Band des Kaiserslauterer
Studios stammt von 1968: Four Norwegian moods/Smola. Es wurde ebenso im
Sendesaal aufgenommen wie das nächstfolgende mit dem Mainzer Kammeror-
chester: Dumbarton Oaks/Kehr (1970), eine Aufnahme, die vom Studio Mainz
produziert worden ist.

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c) Studio Mainz

   Als am 16. Mai 1950 beschlossen wurde, daß die bisherige Landeshaupt-
stadt Koblenz in dieser Funktion von Mainz abgelöst werden sollte, ging
auch der SWF daran, sich der neuen Entwicklung anzupassen: Man ver-
schmolz die Studios Koblenz und Kaiserslautern und verlegte die hieraus
gebildete Zentrale nach Mainz. Dies geschah in mehreren Schritten.
Zunächst eröffnete man in Mainz am 1. Oktober 1950 eine Besprechungs-
stelle für Nachrichten. Sie war untergebracht im Mainzer Stadthaus (Sitz
der Stadtverwaltung), Am Pulverturm 13. Weitere Abteilungen folgten. Für
Koblenz war der Umzug am 30. April, für Kaiserslautern am 31. Juli 1951
beendet. In Koblenz verblieb eine Nebenstelle, in Kaiserslautern der
Produktionsbetrieb des vergrößerten Unterhaltungsorchesters (vgl. oben).
Zum ersten Mal meldete sich das "Landesstudio Rheinland-Pfalz des
Südwestfunks in Mainz" unter dieser Bezeichnung am 2. September 1951.
   Unterdessen entstand durch Wiederaufbau und Restaurierung des im
Krieg zerbombten Barockgebäudes "Zum Sautanz", Deutschhausplatz 8, das
eigene Funkhaus, das fast 20 Jahre in dieser Funktion seinen Dienst tun
sollte. Fertigstellung und Bezug gingen sukzessiv voran; am 1. April
1952 war jedoch der Umzug abgeschlossen; die offizielle Bestimmungsüber-
gabe (Einweihung) fand am 3. Mai statt. Originell untergebracht waren
die gut gegen Außenlärm abgeschotteten Aufnahmestudios, nämlich in den
Kellergewölben. Hier befand sich auch das Kammermusikstudio, der
ehrwürdig-historischen Umgebung gemäß "Kammersaal" genannt. Eine wich-
tige Ergänzung folgte noch: Am 22. Juni 1960 übergab man ein 1628 cbm
großes Fernsehstudio dem Betrieb. Es war in einem als Ruine liegenge-
bliebenen Seitenflügel des U-förmig angelegten "Sautanzes" erstellt wor-
den. Dem ursprünglichen Zweck nach sollte dieser "Fernseh-Aufnahmesaal",
wie er damals hieß, auch der Musikabteilung des Hörfunks als Konzert-
und Vorproduktionsraum zur Verfügung stehen (ca. 300 Sitzplätze,
Bedarfsbestuhlung; Innenraumfoto: Schäfer/Thiele, 1960). Anfangs war
das auch der Fall, aber mit der Zeit kamen Probleme auf. Zum einen hatte
dieses "ideale Mehrzweckstudio" (SWF Landesstudio-Pfalz, [1961]) eine
außerordentich niedrige mittlere Nachhallzeit von nur 0,6 sec - es waren
bei jeder Musiknutzung Reflexionswände auf- und abzubauen -, zum anderen
wuchs der Terminplan der Fernsehabteilung unaufhaltsam. Das Ende kam
1965, als Umbauten mit dem Ziel einsetzten, das Studio für die neue
Regional-Abendschau "Blick ins Land" zu spezialisieren (die Sendereihe
wurde am 3. Januar 1966 eröffnet). Es blieb nichts anderes übrig, als
sich bei größeren Besetzungen wieder verstärkt Außenräumen zuzuwenden.
Der wichtigste unter ihnen allen ist die kuppelartige Christuskirche in
Mainz, Kaiserstraße 56 (keine Strawinsky-Aufnahme bislang). Andere sind
z. B. in Mainz der Goldsaal des Hotels "Hilton International", Rhein-
straße 68 (vgl. Septet 1953/Consortium Classicum) und der Sendesaal in
Kaiserslautern (vgl. Concerto en mi bémol/Kehr).
   In den 70er Jahren erstellte das Landesstudio auf dem Hartenberg in
Mainz, Wallstraße 39, ein neues Funkhaus. Der erste Bauabschnitt hierzu,
das Fernsehbetriebsgebäude, konnte im Juli 1971 dem Betrieb übergeben
werden. Es beherbergt zwei Mehrzweck-Synchronstudios, von denen das
größere, Studio 1, seit 1976 auch für klassische Produktionen eingesetzt
wird. Mit der Fertigstellung der letzten Baustufe im Jahr 1978 wurde der
"Sautanz" aufgegeben. Die Arbeit dort endete für den Hörfunk am 23., für
das Fernsehen am 30. September. (Bisher liegt aus dem Synchronstudio 1
noch keine Strawinsky-Aufnahme vor.)
   In der Klassik widmet sich das Landesstudio Rheinland-Pfalz insbeson-
dere der Pflege der Kammermusik, und dies hilft vielen selbständigen
Künstlern und kleinen Gruppen der Region. Genannt sei als Beispiel nur

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das Mainzer Kammerorchester. Ein bekanntes Unternehmen war die Konzert-
reihe für neue Musik "ars viva". Anfang 1960 von jungen Musikern als
"Studio für neue Musik" gegründet, vermittelte sie, seit 1961 unter der
Leitung des Landesstudios, bald eine erstaunliche Vielfalt an Kammermu-
sik (der Wechsel zur Bezeichnung "ars viva" kam November 1967). Was
diese Vielfalt auch auszeichnete, war Augenmaß der eigenen Tradition
gegenüber: Man betete die Altmeister nicht nur an, man spielte sie auch,
auch Strawinsky. Er war wohl dosiert von Anfang an auf dem Programm,
wobei anzumerken ist, daß - sei's als Mitschnitt oder Studioproduktion -
noch manch ein Banddokument existiert. Vom Herbst 1961 bis Frühjahr 1965
fanden übrigens die meisten Konzerte im Fernseh-Aufnahmesaal des alten
Funkhauses statt (zur Entwicklung ab 1975 vgl. unter SWF Zentralstudio
Baden-Baden).
   [Anmerkung: Ich habe im Mai 1986 das Mainzer Archiv besucht. Durch
das eingesammelte Material dürfte sich die eine oder andere Änderungen
ergeben. Zumindest aber gibt es von der "ars viva" zwei Aufnahmen von
1969 ("Sonderbänder" ohne Nummern), wobei der eine Mitschnitt im Studio
Kaiserlautern entstand.]


Monat/Jahr             Aspekt                        Aufnahme
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 7/1954         Älteste erhalten gebliebene    Ave Maria/Klassen
                Strawinsky-Eigenproduktion

 5/1955         Altes Funkhaus/Kammersaal      Sonate pour piano/Jekéli

 1/1964      a) Altes Funkhaus/Fernseh-Auf-    Mass/Huber
                nahmesaal
             b) Konzertreihe "Studio für neue
                Musik"

 1/1971         Konzertreihe "ars viva"        Quatre chants russes/
                                               Lukomska


                      * - * - * - * - * - * - * - *




















[swfrp]

Fassung 1985, Online: 15.9.2002, Version: 1.03, 14.12.2002 (Erläuterung: Intro 2002 ff.)

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