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Kelkheim                     Drei Karteikarten aus dem Dritten Reich - 1
========================================================================

                           
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      Dokumentation dreier Karteikarten aus dem Dritten Reich
                              oder
                Aus 3 mach 1 Rest 3 mal Faktor SS
           (Nazi-Formel fürs Kelkheimer Rathaus 1938)

[Vorbemerkung in Vorbereitung]

Einleitung

   Unten werden in Abschrift drei Karteikarten aus der Gemeinden-Kartei
des Landratsamts des Main-Taunus-Kreises {*1}, Frankfurt-Höchst, doku-
mentiert, sie stammen von Anfang 1938 (zum "stammen von" siehe Text) -
es sind diejenigen von Münster, Hornau und Kelkheim. Die Reihenfolge,
wie hier wiedergegeben, wurde so vorgefunden in der gebundenen Akte
HHStAW 425,3953 der "Spezial-Akten" des "Kreisausschuss[es] des Main-
Taunus-Kreises[,] betreffend: Der Zusammenschluß der Gemeinden Kelkheim,
Münster u. [und] Hornau i/ Ts. mit der Verleihung der Stadtrechte an die
Gemeinde Kelkheim i/ Ts. [...] von 1937 bis 1940" (Quelle im Folgenden
immer diese Akte, gelegentlich verdeutlichende nochmalige Nennung; Quel-
lenänderungen bzw. -ergänzungen werden angegeben).
   Alphabetisch ist demgegenüber die Reihenfolge in der handschriftlich
abgefaßten "Tabellarische[n] Nachweisung" von etwa November 1937, die
für den am 1. April 1938 erfolgten "Zusammenschluß" der drei Gemeinden
angefertigt worden war. Sie besteht aus drei nebeneinander zusammenge-
klebten DIN A4-Seiten (Abfassung, in deutscher Schrift, nach der Hand-
schrift identifiziert: Kreisausschußinspektor Josef Steffens, rechte
Hand des Landrats Dr. Ernst Janke). Alphabetisch ist auch die Reihen-
folge auf der von der "Nachweisung" und weiteren Quellen abgeleiteten
16seitigen maschinenschriftlichen Darstellung des Landrats Janke vom 4.
Dezember 1937, die er dem Regierungspräsidenten Friedrich (Fritz) von
Pfeffer {*2} vorzulegen hatte.
   Die handschriftliche "Nachweisung" besteht aus zwölf Kolumnen, ange-
führt sind diverse gemeindewirtschaftliche Angaben (z.B. Steueraufkommen
aller Art). Das Fazit sollte sein, den Erlaß des Oberpräsidenten der
Provinz Hessen-Nassau, des SA-Gruppenführers und Preußischen Staatsrats
Philipp Prinz von Hessen, bezüglich der Eingliederung der Gemeinden Hor-
nau, Kelkheim und Münster zu einem "Ganzen" (damaliges - vorgegebenes -
Büroschlagwort hierfür), vor allem von wirtschaftlichen Gesichtspunkten
hergeleitet, vorzubereiten, zu bestätigen, zu untermauern und ihr, der
Eingliederung, ein (schlüssig erscheinendes) Fundament zu verschaffen.
   Es gingen diesem "Zusammenschluß" keine allzu lang geführten, detail-
lierten Überlegungen oder Diskussionen voraus (Bevölkerungsbefragungen
schon gar nicht, Drittes Reich!) {*3}, doch war der Münsterer Gemeinde-
rat - nach einer längeren mündlichen, von Bürgermeister Leo Claas proto-
kolliert überlieferten Darlegung des Gemeinderatsmitglieds Willy Mohr
(Bäckermeister, nicht-Pg {*4}) - einstimmig dagegen, und das, obwohl der
Rat gründlich NSDAP-braungefärbt war (hierzu siehe unten die Karteikarte
"Münster") {*5}.
   Eine Stimme erhob sich allerdings gegen diese aufmüpfige Auffassung
des Gemeinderats: die des jungen, getrieben ehrgeizigen Ortsgruppenlei-
ters und Bürgermeisters (respektive Gemeindeschulzen) Leo Claas (zu ihm
siehe andernorts). Es kam zur Eingliederung - so oder so.

   {*1} Das Landratsamt, Frankfurt-Höchst, Bolongarostraße 101, hieß
        auch Kreishaus Main-Taunus. Dr. Ernst Janke, dessen Nachfolger
        seit 1939 Dr. Franz Brunnträger, Emil Strzoda (ab etwa 1943 der
        allmächtige Benzinverteiler), Kreisbaumeister Georg Astheimer,
        Karl Bohle (zunächst kommissarischer, sehr spät dann hauptamt-
        licher Bürgermeister in Bad Soden) sind nur einige der Namen,
        die mit dem Höchster Landratsamt zur Zeit des Dritten Reichs in
        Verbindung zu bringen sind.

   {*2} Eigentlich Pfeffer von Salomon, u.a. SA-Gruppenführer, 1938 Auf-
        stieg zum SA-Obergruppenführer (siehe Wikipedia)

   {*3} Allerdings reichen erste Gedanken an eine Zusammenlegung in die
        (letzten Atemzüge der) Weimarer Republik zurück {*a}, wie ein
        Schreiben des Jakob Rittgen vom 30.6.1937 verdeutlicht (siehe
        nachfolgend). Rittgen war zu dieser Zeit gerade noch/kaum noch
        Bürgermeister der Gemeinde Kelkheim, denn am 1.7.1937 trat er
        die Stelle des Bürgermeisters von Bad Soden an. Er befand sich
        demnach in (s)einer Übergangszeit und von daher rührt wohl auch
        in dem Schreiben die seltsame Ortsangabe "Ffm.=Höchst". Im MTK-A
        1939 lautet Rittgens Adresse: Bad Soden, Cronbergerstraße 15.
        Das nachfolgende Schreiben ist zeichengetreu wiedergegeben, nur
        "Der Bürgermeister [/] -o-o-" mußte etwas nach rechts versetzt
        werden. Was mag das "-o-o-" bedeuten? "Ohne feste Adresse"? "Auf
        Achse"? "Brille" (= "beachte")?

        → »»
        Der Bürgermeister         Ffm.=Höchst, den 30.Juni 1937.
              -o-o-

                    An

                    den Herrn Landrat

                    in   Ffm.=Höchst 


                    Auf die Anfrage vom 26.ds.Mts. erkläre ich, dass
          ich grundsätzlich mit der Eingemeindung bezw. Zusammenle=
          gung der Orte Kelkheim,Hornau und Münster einverstanden
          bin. Ich habe auf Anforderung der Regierung in Wiesbaden
          schon im Januar 1933 darüber Berichte gemacht.

                   [gez. mit Blaustift] Rittgen {*b} {*c}

                                        Bürgermeister
        «« ←

        Quelle: HHStAW 425,3953
        Textvergleich(e): 5 (26.6.2018, 15.7.2018)

        {*a}

        {*b} Rittgen pflegte eine charakteristische, aber seltsame
             Unterschrift, sie läßt sich nicht im Geringsten mit dem
             Namen in Verbindung bringen. Zur Biographie Rittgens
             siehe hier andernorts.

        {*c} Im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zum "Zusammen-
             schluß" enthält die oben genannte Akte HHStAW 425,3953
             ein Schriftstück mit einer aufschlußreichen Aufstellung,
             die von großer Bedeutung sein wird, wenn über die im März
             1933 noch "freien" NS-Reichs- und Kommunalwahlen (= Ge-
             meindevertreter-, Kreistags- und Kommunallandtagswahlen)
             zu berichten ist. Dann nämlich wird vermutlich so mancher
             historisch interessierte Kelkheimer allein schon beim An-
             blick des ja erst noch im Aufbau (!) befindlichen National-
             sozialismus in Kelkheim, Münster und Hornau von einer selt-
             samen, sehr rätselhaften und lang andauernden Sprachlosig-
             keit heimgesucht werden (hier dürfte als kompaktes Gegen-
             mittel beherztes Vorgreifen weiterhelfen, nämlich erste
             bereits vorliegende Berichterstattungen zu diversen NS-
             Ereignissen, z.B. aus den Jahren 1934 oder 1938, siehe
             andernorts).

             Zitat aus dem angesprochenen, nicht gezeichneten Landrats-
             amtspapier (zwei Seiten, DIN A4, geschrieben auf einer
             Schreibmaschine des Kreishauses):

             → »»
             Die Einwohnerzahlen der Gemeinden nach der Volkszählung
             von 1933 sowie nach der letzten Personenstandsaufnahme von
             1936 sind folgende:

                     Kelkheim     Münster       Hornau       Zusammen

             1933    2 190        1 218         1 177        =  4 585
             1936    2 317        1 600         1 226        =  5 143

             Hiervon sind katholisch:

             kath.   1 724= 78,7%   985= 80,7%  1 095= 89,9% =   83,1%
             evangel.  466          234           118        =    818

             [Nach der Zeile 1936 wurden handschriftlich noch die Ein-
             wohnerzahlen 1937 eingeschoben:]

             1937    2 338        1 705         1 251       [=  5 294]
             «« ←

             Quelle: HHStAW 425,3953
             Textvergleich(e): 5 (2.8.2018)

             Beachte: Diese Zahlen bedürfen eines zurechtrückenden
             Kommentars (in Vorbereitung).         

   {*4} Laut Landratsamtskarte, gültig bis 31.3.1938 (siehe weiter un-
        ten), allerdings (nach eigenen Angaben) ab 1940 Pg., von 1928
        bis 1933 in Münster Beigeordneter und Stellvertreter des Bürger-
        meisters (das Bürgermeisteramt ging nach der Kommunalwahl Anfang
        1933 an Leo Claas über), Vorname eigentlich Wilhelm, Rufname
        geschrieben Willi oder (so Unterschrift) Willy, Bäckermeister,
        Inhaber der Bäckerei mit Konditorei und Café, Schlageterplatz 3
        (vor und nach dem Dritten Reich: Kirchplatz 3, nach dem Krieg
        auch Kirchstraße 3). In der Nachkriegszeit wegen des Speiseeises
        eine zentrale Anlaufstelle der Münsterer Jugend. (Überprüfung
        des etwaigen NS-Mitgiedschaftsprofils steht noch aus, aber es
        würde nach der - allerdings aus zweiter Hand stammenden und nur
        abschriftlich vorliegenden - Einlassung des Willy Mohr und auch
        eines etwas später abgefaßten, sehr ausführlichen Schreibens des
        Balthasar Katzenbach zur Bewahrung des Ortsnamens "Münster" eine
        wie auch immer geartete Erweiterung nicht verwundern (das
        Schreiben, 7seitig, datiert auf den 13.5.1938, ging "An den
        Herrn Reichsminister des Innern, Berlin" = Wilhelm Frick) {*a}.
        Nicht zu verwechseln ist dieser Willy Mohr mit Willy Mohr,
        Kraftfahrer, Hofheimerstraße 4, ebenfalls Münster (beide im
        MTK-A 1939).

        {*a} Mittlerweile sind die Forschungsarbeiten weiter fortge-
        schritten mit dem vorläufigen Ergebnis: Der Lebenslauf des
        Bäckermeisters Willy Mohr wird in einem gesonderten Kapitel
        vorgestellt. Mohr war für die allgemeine und politische Ent-
        wicklung Münsters von Bedeutung. Er saß auch einst für die
        Preußische (später: Deutsche) Zentrumspartei (Vorläuferpartei
        der CDU) im Kreisausschuß (= Kreistag) des Main-Taunus-Kreises,
        ebenso für diese Partei bis zu deren "Auflösung" im Landesaus-
        schuß für Hessen und Nassau, verstrickte sich aber dennoch in
        den Nationalsozialismus: Mitgliedschaft nicht nur in der NSDAP,
        sondern auch in den NS-Organisationen DAF, NSV, NS-Reichskrie-
        gerbund, Reichsluftschutzbund. Außerdem war er Aufsichtsratsmit-
        glied bei der von Peter Mollath (ebenfalls NSDAP) geleiteten,
        tiefbraunen Volksbank Münster, damals Taunusstraße 11. Nach dem
        Krieg erhielt Mohr von der amerikanischen Militärregierung zu-
        nächst Berufsverbot (30.1.2023, 24.3.2024).

   {*5} Im Januar 1938 kam es sogar zu einer Wiederholung der braunen
        Münsterer "Palastrevolution", das Ergebnis war aber das gleiche
        wie zuvor. In der oben erwähnten Einlassung des ehemaligen Ge-
        meinderatsmitglieds Katzenbach ist davon die Rede, und Katzen-
        bach wundert sich auch darüber, daß diese Januarsitzung über-
        haupt stattfand, denn der den Zusammenschluß fixierende Erlaß
        des Oberpräsidenten war seit Dezember 1937 bereits ein nicht
        mehr diskutables Faktum (Abschrift dieser Drittes-Reich-Lyrik
        des Katzenbach in Vorbereitung).

Format, Bedruckung, Beschriftung 

    Die Karteikarten sind sogenannte Tabkarteikarten (= ein unterteilen-
der Reiter ist Bestandteil der Karte). Größe (ca. 21 x 14,8 cm), Art,
Gestalt und Bedruckung der Karten sind exakt gleich, am unteren Rand
stehen die folgenden Hinweise:

   Vorderseite: Entwurf Kieser [------] wenden
   Rückseite:   H. Klutke, Stallupönen [Ostpreußen] [------] Nachdruck
                verboten

   Zur Datierung der Karten

   Gesamtstand der drei Karten (= jüngste Berufung einer Gemeindeamts-
   bzw. Gemeinderatsperson): 16.1.1937
   Erstellung der Karten im Einzelnen (Ableitungen, eine Ungleichzeitig-
   keit der Einträge je Karte liegt augenscheinlich nicht vor, positiv
   formuliert heißt das: alle Einträge entstanden je Karte offensicht-
   lich in einem Schreibvorgang):
      Münster: nicht vor 16.1.1937 (= jüngste Datierung der Berufungen)
      Hornau: nicht vor 1936 (= jüngste Datierung der Berufungen)
      Kelkheim: nicht vor 1.1.1937 (= jüngste Datierung der Berufungen)
   Gültigkeit der Karten: nicht über den 31.3.1938 hinaus (NS-Stadtgrün-
   dung: 1.4.1938)

   Die Karten sind beidseitig bedruckt. Die Vorderseite gliedert sich in
zwei Teile, im oberen Teil sollten Gemeindegrunddaten eingetragen wer-
den, der untere Teil ist mittels einer Vordruck-Tabelle, bestehend aus
Kolumnen und Feldern, für den Eintrag diverser Steuersätze von 1935 bis
1940 vorbereitet.
   Die Vorderseite der Kelkheim-Karte enthält außer der handschriftli-
chen Kennzeichnung "Kelkheim" keine Eintragungen. Der Grunddatenbereich
der Karten für Münster und Hornau dagegen weist maschinenchriftliche
Eintragungen auf, allerdings nicht zu allen Punkten. Auch auf diesen
beiden Karten ist die Steuersätzeabteilung leer geblieben, sie ist sogar
in beiden Fällen quer durchgestrichen.
   Die Bedruckung der Kartenrückseite besteht aus einer aus Spalten (Ko-
lumnen) und Feldern zusammengesetzten Personaldatentabelle (zu Einzel-
heiten und zur Verdeutlichung siehe unten die Abschriften).
   Die Dateneintragungen erfolgten im Prinzip maschinenschriftlich, zu
den wenigen handschriftlichen Ergänzungen siehe jeweils die Hinweise
bzw. Fußnotenteile zu den Abschriften.
   Es ist möglich, daß bei der Ausfüllung der Karten Arbeitserleichte-
rung eine Rolle gespielt und die Ausschaltung von Fehlerquellen im Vor-
dergrund des Verfahrens gestanden haben könnte, denn das maschinen-
schriftliche Ausfüllen der Karten ist höchstwahrscheinlich in den ein-
zelnen Rathäusern getätigt worden. In diese Richtung der Vermutung deu-
ten nicht nur die drei verschiedenen (!) Typenbilder, sondern inbeson-
dere die Kelkheimer Karte, deren verschnörkelte Frakturtypen durchaus
einer im Kelkheimer Rathaus befindlichen Schreibmaschine zugeordnet wer-
den können. Die handschriftlichen Korrekturen einiger Feldbezeichnungen
lassen hingegen (bislang) gar keine Vermutungen geschweige denn Rück-
schlüsse zu, etwa auf das Landratsamt. Zudem stammen die Handschriften
je Karte zwar von einer Hand, sind aber zueinander unterschiedlich. Von
wiederum noch anderen Händen wurde jeweils die Ergänzung des Spalten-
titels "Geburtsdatum" bzw. "Geburtstag" geschrieben (Einzelheiten siehe
die Bemerkungen zu den Karten).
   In den Abschriften ist Gedrucktes kursiv wiedergegeben. Aus dem
Grunddatenbereich wurde eine Auswahl der Sachpunkte getroffen, die Wie-
dergabe der Einträge versuchte dabei wörtlich und so weit wie möglich
zeichengetreu zu sein. Allerdings wurde die ursprünglich zweispaltige
Anordnung für die hier benötigten Belange aufgegeben.
   Auch bei der Wiedergabe der Eintragungen in der Personaltabelle muß-
ten Kompromisse gefunden werden. Vieles ist weitgehend zeichengetreu ab-
gebildet, doch mußte die ganze Anlage zumindest den zur Verfügung ste-
henden Größenverhältnissen angepaßt werden. Es ist ja auch unnötig, jede
(mutmaßlich belanglose) Einzelheit detailgetreu wiederzuspiegeln. Aber,
was als eine Belanglosigkeit eingestuft wird, muß bei einer anderen
Sichtweise genau das nicht sein. Deshalb ist versucht worden, den "inne-
ren" Text der Tabelle, die darin vorkommenden Abkürzungen, Datierungen
und sonstigen Angaben in ihrer Art, in ihrer Grundgestalt in etwa zu er-
halten. Allerdings mußte bei den Datierungen die Kolumnenbildung als
Ordnungsfaktor im Vordergrund stehen, andernfalls wäre das Zahlenbild zu
unübersichtlich geworden. Die letzte Spalte der Personaltabelle, "Bemer-
kungen", wurde, da sie nirgends Einträge enthält, weggelassen.
   Ein gravierender Eingriff ist zweifellos, und er unterbindet eine
leicht faßliche Lesbarkeit brachial, daß in der Anfangsspalte der Raum-
enge mit Abkürzungen abgeholfen werden mußte; die Aufschlüsselungen
dazu findet man jeweils nach jeder Tabelle im angefügten Teil "Platz-
bedingte Abkürzungen".

Ein paar Bemerkungen (in Vorbereitung)

Stichworte, Gedankensplitter:

   Stand zur NSDAP-Mitgliedschaft laut Kartei: Ende 1937/Anfang 1938;
der Stand der Karten ist aber, besonders im politischen Bereich, manch-
mal nicht ganz aktuell, d.h. hier und da fehlen Nachtragungen (siehe
z.B. die Anmerkungen zu Leonhard Dichmann und Jakob Rittgen, Kelkheim-
Karte), und es fehlen natürlich auch spätere Entwicklungen (siehe z.B.
die Anmerkungen zu Sebastian Caspari und Heinrich Schmitt, Hornau-
Karte).
   Pg-Eintragung "nein" unter Umständen mit (erheblichem oder sogar
"doppeltem") Ja-Gehalt (je nach Mitgliedschaftsprofil: z.B. "später"
Eintritt in die NSDAP wegen der eigentlich grundsätzlichen Mitgliederzu-
gangssperre bis 1.5.1939, "bloße" = "parteilose" Mitgliedschaft(en) in
Gliederungen bzw. NS-Organisationen als "Abwart-, Ersatz- und Bewäh-
rungsmitgliedschaften" usf.; zu Gliederungen und NS-Organisationen
siehe andernorts). 
   Quellen- oder sonstige Informationsunstimmigkeiten: Man muß auf sie
gefaßt sein, sie werden aber angesprochen; gesammelt werden sie, soweit
die drei Karteikarten betroffen sind, am besten hier (siehe Göhler,
Kelkheim-Karte; manche solcher Unklarheiten werden sich vermutlich im
Laufe von Recherchearbeiten nebenbei klären).
   Das Geburtsjahr liegt im Durchschnitt tief im autoritären, monumen-
talen, Germanentum verherrlichenden Kaiserreich und -militarismus. Auch
bilden jüngste Amtspersonen eine Minderheit, aber so jung sind die weni-
gen "Jungen" nun doch auch nicht mehr. Die oft betont wiederholte Apo-
strophierung des Nationalsozialismus als einer "Bewegung der Jugend"
stimmt für das "Korps der Politischen Leiter" und die meisten national-
sozialistischen öffentlichen Amtsinhaber unterschiedlicher Art nicht.
Kelkheim ist ein Beispiel dafür. Selbst der "junge" Claas ist Ende 1940,
mitten im Krieg, kurz vor seiner "Karriere" als Stadtkommissar im Gene-
ralgouvernement Polen, immerhin doch schon 35, also das, was man einen
"gestandenen Mann" zu nennen pflegt (und er ist dort auch noch in dieser
verbrecherisch-knallharten Besatzungsregion, man glaubt es nicht, mit
seiner ganzen Familie).
   Sebastian Haffner hatte aber recht damit, wenn er (abgesehen von
grundsätzlich Ausgeschlossenen!) das Dritte Reich eine Aufsteigerge-
sellschaft nannte (Von Bismarck zu Hitler, 1987, 2009, S. 273). Auf-
gestiegen sind aber besonders die älteren "Kaiserlinge". Die jüngeren
schafften es häufig noch nicht einmal auf die mittlere oder untere
Amts- und Machtebene. Man bedenke auch - und das macht man sich oft
nicht ganz klar: Die 1918 Geborenen waren 1933 erst 15 Jahre alt.
   Die "Aufsteigergesellschaft" ist jedoch beim zweiten Zusehen ein Pro-
blembegriff. Was bedeutet Aufstieg im Menschsein (Aufstieg in einer Welt
"Homo homini lupus est"), Aufstieg im NS-Verbrechersystem? Man denke
auch an die Grenzen, die unter Umständen die Stellung zum Nationalsozia-
lismus setzte, außerdem auch an die neuen "Verhältnisse" seit Kriegsbe-
ginn. Das alles wußte aber Haffner auch, doch ist hier nicht der rich-
tige Ort, diese verzweigte und verzwickte Angelegenheit zu diskutie-
ren.
   Ein ernstes und äußerst diffiziles Thema ist: Welcher Berufsstand,
welches intellektuelle Bewußt-Sein verband sich mit dem Nationalsozia-
lismus und wie? Die Karteikarten spiegeln gelernte, bodenständige,
lebensnahe Betätigungen und geordnete Lebensweisen wider: Besitzende,
Fabrikanten, Landwirte, Handwerker, Gewerbetreibende, Angestellte, Be-
amte, ein gerüttelt Maß an Mittelstand sowie mittlerem bis gut situier-
tem Lebensauskommen (es fehlen Lehrer, höhere Staatsbeamte und derglei-
chen, obwohl die soziale Spitze durchaus vertreten ist, siehe unten).
Nur ein einziger "Arbeiter" ist genannt, aber war er das überhaupt?
Göhler war nämlich laut MTK-A 1939 "Maschinenarbeiter", wobei diese Art
von Arbeitern zum Beispiel im Industriebetrieb Dichmann oft als "Umge-
lernte" (allerdings bei verschleißender, menschenunfreundlicher Akkord-
entlohnung) ihren Lebensunterhalt verdiente, man denke an die Schneider
Theodor Brühl und Anton Weier, Brühl als Beizer und Weier in der Tat als
Maschinenarbeiter (zu diesen beiden siehe andernorts).
   Die Kernfrage lautet also: Was für ein Motivationsgemenge herrschte
in Kelkheim, beherrschte Kelkheim? Von einem braunen "Mob" jedenfalls
sind die auf den Karten erfaßten NS-Personen doch offensichtlich weit
entfernt. Zwei gehören sogar der promovierten akademischen Oberklasse
an. Und nicht die Spur von Nationalsozialismus ist in der 1927 erschie-
nenen Dissertation Leonhard Dichmanns über die Möbelschreinerei im Vor-
dertaunus zu finden (die Verlagsausgabe hat den gleichen Text wie die
akademische), dennoch wird sich mit ihr hier andernorts beschäftigt, ihr
Gedankenfeld und -umfeld wird, so gut es geht, ausgeleuchtet. Doch, wie
auch immer, man kann nicht umhin, den 72 Seiten umfassenden Text heute
noch sachlich wie sprachlich als hervor-ragend einzustufen, das jeden-
falls sind im Grunde die ersten Eindrücke, und ebenso führt kein Weg
daran vorbei, zu sehen, daß die auf Genossenschaft abzielende Argumen-
tation lebens- und handwerkergerecht und damit alles in allem vernünf-
tig war (bzw. ist!). Wieso der Autor dann aber später weltanschaulich
derart abdriftete, das ist eine schleierhafte Angelegenheit, aber eine
ernüchternd flächendeckend verbreitete. Den Gründen dazu nachzuspüren,
in diesem konkreten Fall, zumindest dem Versuch nach, wird hier genü-
gend Raum sein.
   Biographie, Werdegang im Dritten Reich (auch davor und danach) liegt
verhältnismäßig ausführlich derzeit (Januar 2023) schon bei einer großen
Anzahl an Personen vor (z.B. Leo Claas, Dr. Leonhard Dichmann), doch bei
vielen anderen besteht bislang (im günstigen Fall) erst eine mehr oder
minder fragmentarische Sammlung von Unterlagen, zusammengeglaubt aus
verstreuten Quellen. Aber der Spruchkammerdatenbrunnen wird wohl Grund-
lagen oder weiteres Material liefern, sofern jedenfalls die jeweiligen
bis zum 5.3.1928 geborenen Personen die Meldezeitspanne erlebten (End-
termin Sonntag, 28. April 1946). Hier muß übrigens nachdrücklich ergänzt
werden, daß auch posthum abgwickelte Verfahren vorkamen; ein solcher
Fall ist beispielsweise der Bürgermeister Jakob Rittgen, gestorben am
14.9.1945: Das Spruchkammerverfahren wurde von der Witwe abgewickelt.
Zweifellos ist eine derartige Möglichkeit posthumer Heranziehung (Be-
und Verurteilung) rechtlich ureigentich zumindest ein Diskussionspunkt.
Wie auch immer, die Erforschung des durchschnittlichen NS-Profils Kelk-
heims (wenigstens im Überblick) ist eines der Anliegen dieser Arbeit;
Ergebnisse bedingen zwar hierfür erheblichen Arbeitseinsatz, doch sind
die Voraussetzungen (Quellenlage und -zugang) günstig. Und schon jetzt
kann im Verlauf der Arbeit, soweit die Spitzen betroffen sind, in groben
Zügen ein plastisches Bild gezeichnet werden (zu den genannten National-
sozialisten siehe auch andernorts).
   Die drei Karteikarten sprechen im Übrigen Bände (siehe auch dazu er-
gänzend die hier bereits vorliegenden Beiträge andernorts).

Die Übertragungen mit Anmerkungen

a) Karte "Münster"

Schreibmaschine A (Gedrucktes hier kursiv wiedergegeben)
Handschriftliche Ergänzungen auf der Rückseite, Tinte, Feldertitel:
Hand 1, Spaltentitel ("Geburtsdatum"): Hand 2

Vorderseite oben

      Gemeinde  Münster /Taunus      

Einwohner                            [Run]d.1700
Flächengröße                         551 ha
Postbestellbezirk                    Münster Taunus
Ortsgruppe N S D A P                 Münster Taunus
Kirchspiel [Pfarrbezirk]             -.- [?]
Amtsbezirk [Amtsgericht]             Ffm.- Höchst
Standesamt                           Münster im Taunus
Gesamt-
       Schulverband                  ["Gesamt-" ausgeixt]
Eigen-

Vorderseite unten

Vordruck-Tabelle Steuersätze 1935 bis 1940 unausgefüllt, quer durch-
gestrichen.

Rückseite

Tabellenformular, Gedrucktes wie recto kursiv wiedergegeben.
Spalte 1: Funktionen, hier in Abkürzungen, Aufschlüsselungen siehe
Fußnotenteil.
Feld 1: Spaltentitel unverändert übernommen, Überschrift "Geburtsdatum"
(= Spalten 8 und 9) handschriftlich.
Angaben: maschinenschriftlich (wie Vorderseite), handschriftliche
Ergänzungen siehe Fußnotenteil (Tinte, lateinische Schrift, Felder-
titel: Hand 1, Spaltentitel: Hand 2, beide ungleich zu den Hand-
schriften auf der Hornau-Karte und der Kelkheim-Karte).
Spalte "Pg": Bei "Kilp, Karl" und "Burkhardt, Peter" stand jeweils
             "nein" (siehe Anmerkungen).
             Bei "Mohr, Willy" wurde das Gleichfallszeichen " (=
             "nein") ersetzt durch "[ja]", da ein (dem Stand der
             Karteikarte gegenüber jüngerer) NSDAP-Beitritt ermit-
             telt wurde (siehe Anmerkungen). Bei "Zelser, Johann"
             stand ebenfalls das Gleichfallszeichen " (= "nein"),
             es  mußte somit zwecks Anpassung gegen ein ausgeschrie-
             benes "nein" ausgetauscht werden, man beachte aber dies-
             bezüglich unbedingt die Anmerkung.

→ »»
      Name         Vorname   Beruf          Berufen  Pg  Schu- Geburtsd.
                                               am        lung

Bm    Claas        Leo       Bürgermeister  28. 1.35 ja          6.11.o5

2  1. Naumann      Max       O'gütervorst.  28. 1.35 ja         25. 2.83
Bg 2. Herr VI.     Peter     Maurermeister      "    ja         29. 9.78

8     Kilp         Jakob     Invalide        1.1o.35 ja          7. 6.8o
Gr    Herr III.    Josef     Schreiner          "    ja          5.1o.78
      Herrmann     Jakob     Bäcker             "    ja         31. 3.o9
      Kilp IX.     Johann    Landwirt           "    ja          8.12.86
      Kilp         Karl      St.Sekretär        "    [ja]        1. 8.97
      Mohr         Willy     Bäckermeist.       "    [ja]        7. 9.87
      Zelser       Johann    Landwirt       16. 1.37 nein        6. 4.84
      Naumann      Max       s.o.            1.1o.35 ja         25. 2.83

------------------------------------------------------------------------

R     Schmidt       Anton    Gm.Rechner      1. 4.35 ja         21. 8.o6

Pb    [Kein Eintrag]
Ag    Burkhardt     Peter    Amtsgehilfe    2o. 5.   [ja]       21. 3.92
                                                1927
«« ←

Platzbedingte Abkürzungen:

Geburtsd. = Geburtsdatum (handschriftlicher Eintrag über zwei Spalten,
            Tinte, Hand 2)
Bm        = Bürgermeister
2 Bg      = 2 Beigeordnete ("2": maschinenschriftliche Ergänzung)
8 Gr      = 8 Gemeinderäte ("8": maschinenschriftliche Ergänzung)
R         = Rechner (handschriftlich, Feld: Amtsvorsteher, durch-
            gestrichen)
Pb        = Polizeibeamter (Feld: Gendarmerie [/] beamter,
            "Gendarmerie" durchgestrichen, durch "1.) Polizei"
            handschriftlich ersetzt)
Ag        = Amtsgehilfe (Feld: Gendarmerie [/] beamter,
            darunter "2.) Amtsgehilfe" handschriftlich hinzu-
            gefügt)

Textvergleich(e): 6 (28.12.2017, 6.3.2018, 20.3.2018, 27.3.2018,
                  29.5.2018, 3.7.2018)

Anmerkungen:

   1) Zu Naumann: Die Berufsbezeichnung, hier notgedrungen abgekürzt,
      lautet auf der Karte "Obergütervorsteher i.R.".

   2) Zu Herr VI.: War laut einer MTK-Unterlage Obermeister (Unterlage
      betrifft den 4. Reichsberufswettkampf der deutschen Jugend 1937,
      Träger des Wettkampfs: DAF und Reichsjugendführung = HJ; Veran-
      staltung für das Baugewerbe im Main-Taunus-Kreis: 22.2.1937 in
      Hofheim, genannt ist hierfür im Rahmen der Innung, Fachschaft
      Maurer, Herrs Engagement, "3000 Stück Mauersteine zur Verfügung
      zu stellen", HHStAW 425,2307).

   3) Zu Jakob Kilp: Kilp 6. (Quelle: eine Niederschrift von Leo Claas
      vom 22.11.1937, HHStAW 425,3953). NSDAP-Parteifunktion: Zellen-
      leiter (HHStAW 520/F (A-Z) MT 2759 Anton Schnädter, Blatt 34).

   4) Zu Karl Kilp: Die Angabe "nein" auf der Karteikarte war nicht
      aktuell, da Kilp 1937 in die NSDAP eintrat (Quelle: NSDAP-
      Liste von vermutlich Februar 1945; zur Jahresangabe "1937"
      siehe die Anmerkung unter Kelkheim zu Dr. Leonhard Dichmann). 

   5) Zu Mohr: Pg ab 1940 (siehe die Fußnoten weiter oben).

   6) Zu Zelser: Mitgliedschaft in der NSV. Die NSV zählt zu den
      der NSDAP angeschlossenen Verbänden; ihre Bedeutung für den
      nationalsozialistischen Staat war zunehmend mindestens so
      gravierend wie die der NSDAP (eine Skizze dieser Auffassung
      findet sich andernorts).

   7) Zu Burkhardt: NSDAP-Mitgliedschaft seit 1935 (Quelle: NSDAP-Liste
      von vermutlich Februar 1945). Die Karteikarte war in diesem Fall
      offensichtlich nicht auf dem aktuellen Stand.
  
                             -----&-----

b) Karte "Hornau"

Schreibmaschine B (Gedrucktes hier kursiv wiedergegeben)
Handschriftliche Ergänzungen auf der Rückseite, Tinte, Feldertitel:
Hand 3, Spaltentitel ("Geburtsdatum"): Hand 4

Vorderseite oben

      Gemeinde  Hornau i/Taunus      

Einwohner                            1232
Flächengröße                         573 ha
Postbestellbezirk                    Kelkheim i/Ts.
Ortsgruppe N S D A P                 Hornau
Kirchspiel [Pfarrbezirk]             [keine Angabe]
Amtsbezirk [Amtsgericht]             Königstein i/Ts
Standesamt                           Hornau
Gesamt-
       Schulverband                  Hornau ["Gesamt-" durchge-
Eigen-                               strichen, "Eigen-" unter-
                                     strichen]

Vorderseite unten

Vordruck-Tabelle Steuersätze 1935 bis 1940 unausgefüllt, quer durchge-
strichen.

Rückseite

Tabellenformular, Gedrucktes wie recto kursiv wiedergegeben.
Spalte 1: Funktionen, hier in Abkürzungen, Aufschlüsselungen siehe
Fußnotenteil.
Feld 1: Spaltentitel unverändert übernommen, Überschrift "Geburtsdatum"
(= Spalten 8 und 9) handschriftlich.
Angaben: maschinenschriftlich (wie Vorderseite), handschriftliche
Ergänzungen siehe Fußnotenteil (Tinte, Feldertitel: Hand 3, lateinisch-
deutsche Mischschrift, Spaltentitel: Hand 4, deutsche Schrift, beide
ungleich zu den Handschriften auf der Münster-Karte und der Kelkheim-
Karte).
Spalte "Pg": In fünf Fällen wurde der Eintrag "nein" ersetzt durch
             "[ja]", da jeweils ein (dem Stand der Karteikarte gegen-
             über jüngerer) NSDAP-Beitritt ermittelt wurde (siehe
             Anmerkungen).
             Zu "Reus, Mathäus" berücksichtige man unbedingt die
             Anmerkungen.
             Beachte ebenso zu "Schreibweis, Bernhard" die Anmerkung.

→ »»
      Name         Vorname   Beruf          Berufen  Pg  Schu- Geburtsd.
                                               am        lung

Bm    Reus         Mathäus   Landwirt        1. 7.34 nein        2. 7.72

2  1. Bender       Alois     kfm.Angest.     2. 3.35 [ja]       27. 8.02
Bg 2. Kopf         Alois     Obergärtner        1936 ja          3. 6.97
                             [Adolfshöhe]

8     Mehler       Johann    Eisenbahn-      2. 3.35 ja         11.11.85
Gr                           angest.
      Buttmann Dr. Max       Arzt               "    ja         12. 6.65
      Lörcher      Oskar     Schreiner          "    ja         24. 2.06
      Menke        Konrad    Gastwirt           "    ja         26. 1.91
      Steyer       Mathäus   Händler            "    ja         15.11.03
      Caspari      Sebastian Glaser             "    [ja]       16. 5.99
      Schmitt      Heinrich  Landwirt           "    [ja]        7. 8.98
      Brückner     Oskar     Schreiner          1936 [ja]        7. 9.87

------------------------------------------------------------------------

R     Menke        Nikolaus                     1934 [ja]        9. 2.93

Pb    [Kein Eintrag]
Ag    Schreibweis  Bernhard  Korbmacher         1916 nein        1. 4.74
«« ←

Platzbedingte Abkürzungen:

Geburtsd. = Geburtsdatum (handschriftlicher Eintrag über zwei Spalten,
            Tinte, Hand 4)
Bm        = Bürgermeister
2 Bg      = 2 Beigeordnete ("2": maschinenschriftliche Ergänzung)
8 Gr      = 8 Gemeinderäte ("8": maschinenschriftliche Ergänzung)
R         = Rechner (handschriftlich, Feld: Amtsvorsteher, durch-
            gestrichen)
Pb        = Polizeibeamter (Feld: Gendarmerie [/] beamter,
            "Gendarmerie" durchgestrichen, durch "1) Polizei="
            handschriftlich ersetzt)
Ag        = Amtsgehilfe (Feld: Gendarmerie [/] beamter,
            darunter "2) Amtsgehilfe" handschriftlich hinzu-
            gefügt)

Textvergleich(e): 6 (28.12.2017, 6.3.2018, 20.3.2018, 27.3.2018,
                  29.5.2018, 3.7.2018)

Anmerkungen:

   1) Zu Reus: Katholisch, politisch zumindest stark nationalistisch
      orientiert; gibt Anfang Juni 1933 im Rahmen der Wiederwahl zum
      Gemeindeleiter bzw. der Ernennung zum kommissarisch eingesetzten
      Gemeindeschulzen im selbst ausgefüllten "Personalbogen" auf die
      Frage nach der Staatsangehörigkeit "Preusse" an {*a}; sein auf
      der Rückseites des gleichen Papiers befindlicher handgeschriebe-
      ner Lebenslauf {*b} verdeutlicht das und kündet von erheblicher
      preußisch-soldatischer Prägung {*c}. Reus hat die 1933 erfolgte
      Umbenennung der Feldbergstraße in Adolf-Hitler-Straße zu verant-
      worten.

      {*a} In Mischschrift: "Preu" = lateinisch, "s" = deutsches Auf-
           strich-s, "s" = lateinisches s (zusammengeschrieben: Ersatz-
           ß), "e" = deutsches e.

      {*b} Die Vorderseite des Personalbogens ist überwiegend in latei-
           nischer Schrift ausgefüllt, für den Lebenslauf hingegen be-
           diente sich Reus fast durchgängig der deutschen Schrift. Sei-
           ne Handschrift ist meist ohne allzu großen Aufwand lesbar,
           manchmal ist sie betont extravagant schwungvoll, auffallend
           gekünstelt geschwungen, doch manchmal auch scheinbar uninter-
           essiert flüchtig bis nachlässig (Wiedergabe der Übertragung
           des Lebenslaufs bei Gelegenheit).

      {*c} 

      Ein an den Vorsitzenden des Kreisausschusses (Landrat) am 5.4.1933
      gerichtetes Eigenurteil fällt im Rahmen der Übermittlung der Er-
      gebnisse der noch nach Demokratiemuster durchgeführten Schöffen-,
      Beigeordneten- und Bürgermeisterwahlen wie folgt aus: "Kein einge-
      tragenes Parteimitglied, steht dem Zentrum nahe"; man beachte das
      Schillern in den beiden Aussagen. Anläßlich der Ernennung zum Bür-
      germeister (Gemeindeschulzen) gibt Reus im dazu nötigen (wiede-
      rum selbst ausgefüllten) "Fragebogen" vom 27.9.1934 an {*a}, Mit-
      glied zu sein im "Reichsbund der Deutschen Beamten" (RDB) und in
      der "N.S V." (NS-Volkswohlfahrt, NSV). 1937 teilt er dem Landrat
      mit, er sei Inhaber des Ehrenkreuzes für Frontkämpfer {*b} (Quel-
      le: HHStAW 425,3927; siehe auch die nachfolgenden Fußnoten 2 und
      3).

      {*a} Adressenangabe in diesem Papier (handschriftlich): "Adolf
           Hitlerstr 4a". "4a" ist deutlich geschrieben und unverkenn-
           bar "4a". Demgegenüber lautet im MTK-A 1939 die Adresse:
           Bürgermeister a. D., Rotebergstraße 5 (also von 1933 bis
           Mitte 1938 wäre das "Adolf-Hitler-Straße 5").
           "Adolf-Hitler-Straße 4a" sieht wie eine Hinterhausadresse
           aus. Heute gibt es dort in der Tat, hintereiander angeordnet,
           zwei kleine zweigeschossige Hinterhofwohngebäude: Roteberg-
           straße 4a und 4b, beide sind aber Neubauten und haben mit dem
           mittlerweile unstrittig einst vorhandenen Vorgängergebäude
           nichts zu tun. Das Vorderhaus Nr. 4 ist das erhalten geblie-
           bene Original in renoviertem Zustand (es wird hier in dieser
           Darstellung der Kelkheimer NS-Zeit "inhaltlich" nicht uner-
           wähnt bleiben).
           In sehr früher Zeit war das ganze Areal Rotebergstraße 4 wohl
           ein kleinbäuerliches Anwesen, doch ist diese Aussage nach
           neueren Erkenntnissen und einem längeren Gespräch mit einem
           heutigen, längjährigen Anrainer höchstwahrscheinlich erheb-
           lich zu modifizieren (Weiteres und das Protokoll zum Ge-
           spräch in Arbeit).
           Auf der gegenüberliegenden Seite dieser vormaligen "Feldberg-
           straße" (1933: Adolf-Hitler-Straße, 1938: Rotebergstraße) be-
           finden sich die Hausnummern 5, 7 und 9 - und diese sind für
           die Hornauer politische Sozialgeschichte beredte Hausnummern
           ("Bürgermeisterblock"), was auch heißt, daß beiläufiges Ein-
           sammeln von Informationen dazu eine stete Übung ist.
           (Beachte: Derzeit wird die sogenannte Gebäudesteuerrolle
           Hornau, Stand 1910, fortgeführt bis Ende der 1950er Jahre,
           durchgearbeitet. Es ergeben sich völlig neue Kenntnisse. Auch
           hat der obengenannte Anrainer eine neue bedeutende Infor-
           mation zum einstigen Hinterhaus Feldbergstraße/Adolf-Hitler-
           Straße/Rotebergstraße 4 in Erfahrung gebracht, Details in
           Vorbereitung).

      {*b} Verleihung nur auf Antrag und auf der Basis von Nachweisen
           (Soldbuch, Urkunden, Auszeichnungen und dergleichen).
      
   2) Zu Bender: Taucht nach der Stadtgründung Kelkheims (1.4.1938)
      in einem HK-Bericht als Beigeordneter mit der Berufsbezeichnung
      "Möbelfabrikant" auf, er ist aber von Beruf kaufmännischer Ange-
      stellter, beschäftigt in der I. G. Farben Frankfurt-Höchst ("Farb-
      werke"). Bender ist der Sohn des 1920 verstorbenen Bürgermeisters
      Friedrich Philipp Bender (Beruf: Maurerpolier), dessen Nachfolger
      Mathäus Reus wurde. Beachte: Bender gibt im September 1934 in sei-
      nem Lebenslauf auf die Frage, ob er NS-Organisationen oder politi-
      schen Vereinigungen angehört habe, im Grunde unaufgefordert an,
      von 1930 bis zur "Machtübernahme durch die N.S.D.A P" (das wäre
      der 30.1.1933) Mitglied im (katholischen) Windthorstbund gewesen
      zu sein und fügt dem noch hinzu - ebenfalls im Grunde unaufgefor-
      dert - "Gewerkschaftlich war ich nicht organisiert." (Recherche
      zu Benders politischem Profil im Dritten Reich steht noch aus;
      die Spruchkammerakte liegt inzwischen vor, Bender war u.a. seit
      dem 1.5.1937 Mitglied der NSDAP; 11.3.2022).

   3) Zu Kopf: "Kopf" und "Alois" mit Bleistift durchgestrichen, Eintrag
      angekreuzt {*a}. Kopf wurde auf Reus' Vorschlag eingesetzt, er er-
      setzte den im März 1934 vorgeschlagenen (und auch schon ohne Wahl
      einzusetzenden) Möbelfabrikanten Albin Eckardt (geb. 7.11.1877,
      NSKK seit 15.5.1933, NSDAP seit Juni 1933).
      Im April 1933 waren drei Schöffen (= Beigeordnete) gewählt worden,
      nach neuer (vorläufiger) Gemeindeverordnung "kommissarisch". Einer
      gehörte der NSDAP an: Oskar Lörcher (siehe unten). Ein Jahr später
      galt eine revidierte Gemeindeordnung (= eine gänzlich nationalso-
      zialisierte, ausgerichtet nach dem Führer-Prinzip). Der Gemeinde-
      leiter (Reus) hatte Schöffen vorzuschlagen und zwar nur noch zwei.
      Er wählte Alois Bender (früher Bürgerliche Partei, siehe auch
      oben) und Eckardt (NSDAP). Beide hatten bezüglich Gemeindearbeiten
      Erfahrung. Eckardt jedoch war während des Berufungsvorgangs - sei-
      ner Berufung stand, nach den vorliegenden Dokumenten zu urteilen,
      eigentlich nichts im Weg - aus bislang unbekannten Gründen plötz-
      lich nicht mehr aktuell. In dem gesamten (diffus wirkendenen) Ge-
      schehen der Hornauer Neuformierung der politischen Gemeindeverwal-
      tung (Schöffen- und Gemeinderatsbesetzung) taucht dann ebenso
      plötzlich anstelle Eckardt dessen Sohn Albin Eckardt jun. (geb.
      27.8.1902, Geschäftsführer, Werkführer, SA) als Aspirant für den
      Posten des zweiten Schöffen auf.
      Auch diverse Listen für den nun EINZUSETZENDEN Gemeinderat erfah-
      ren Varianten, so wird z.B. ein Schreiner Ernst Sch. (geb. 30.4.
      1914, katholisch, SA) genannt; da dieser aber 1934 zur fraglichen
      Zeit erst 20 Jahre alt (also noch nicht volljährig) war und außer-
      dem als Altersgrenze für ein Gemeinderatsamt 25 Jahre galt, wurde
      er nicht berücksichtigt. Als zweiter Beigeordneter (= Schöffe)
      wurde schließlich (Reus: "Nach Beratung mit dem [NSDAP-]Stütz-
      punktleiter" = Mehler; Büro Janke: "Kreisleiter [= Fuchs] ist ein-
      verstanden") eiligst Alois Kopf berufen. Zur letzten Gemeinderats-
      besetzung vor der "Eingliederung" Hornaus siehe Karteikarte.
      Beachte: Die unübersichtlichen, eigentlich verworrenen Vorgänge im
      Hornauer Rathaus der Jahre 1933 bis 1935 sind in den Einzelheiten
      noch nicht klar, es griffen ja auch neben dem Landrat, der Stütz-
      punkt- bzw. Ortsgruppenleiter (= Mehler) sowie die Kreis- und so-
      gar die Gauleitung in die Besetzungsgestaltung ein. So schreibt
      Landrat Janke z.B an den Regierungspräsidenten in Wiesbaden mit
      der Bitte um Weiterleitung an die Gauleitung in Frankfurt, die
      "besonderen Verhältnisse der Gemeinde" Hornau seien ihm von Reus
      richtig geschildert worden (man beachte auch: die betreffende Akte
      ist extrem lückenhaft; Weiteres in Recherche, Kommentar zu den für
      Hornau hochtrabenden Begriffen "Möbelfabrikant", "Geschäftsführer"
      und "Werkführer" in Arbeit).

      {*a} In Ffm-A 1931 Kelkheim (ohne Hornau und Münster), MTK-A 1939,
      1950 und 1952 kein "Kopf" verzeichnet.

   4) Zu Lörcher: Schreiner, geb. in Heilbronn, nach etlichen Berufs-
      stationen etwa 1929 nach Kelkheim, danach Hornau, um 1933 arbeits-
      los. Nach eigenen Worten (Lebenslauf) schon in der ersten Formie-
      rung der NSDAP Mitglied von 1921 bis zur "Auflösung 1923" (= Ver-
      bot!). Lörcher: "Im August 1932 wurde ich zum Blockwart von Hor-
      nau ernannt." (Siehe auch Fußnote 3, Weiteres in Vorbereitung)

   5) Zu Buttmann: Auch SA ("alter Kämpfer"), gest. 4.1.1939 (HK,
      5.1.1939, S. 7, Traueranzeige).

   6) Zu Caspari: NSBO, SA, später auch Mitglied der NSDAP und der
      NSDAP-Ortsgruppe Hornau, NSV-Amtsleiter.

   7) Zu Schmitt: SA Reserve, später auch Mitglied der NSDAP und der
      NSDAP-Ortsgruppe Hornau, Ortsbauernführer.

   8) Zu Brückner, Vereinsleiter des Gemischten Chores Hornau 1907:
      NSDAP (HK, 7.12.1937, S. 5)

   9) Zu Menke, Nikolaus: NSDAP seit 1937 (Quelle: NSADP-Liste von
      vermutlich Mitte Februar 1945, "201er Liste"; laut einer
      anderen NSDAP-Liste ("386er Liste") von vermutlich Ende 1945
      Angabe zum Eintritt: 5.5.1937 (zur fraglichen Richtigkeit der
      Tagesangabe siehe andernorts).

  10) Zu Schreibweis, Bernhard: In historischen Meldeunterlagen
      des Kelkheimer Stadtarchivs finden sich als Angaben zum Beruf
      neben Korbmacher auch Landwirt und Polizeidiener. Im von
      Schreibweis selbst ausgefüllten Meldebogen des Entnazifizie-
      rungs- und Entmilitarisierungsgesetzes vom 5.3.1946 steht In-
      valide, als (einzige) NS-Mitgliedschaft ist da "D.A.F." (= Deut-
      sche Arbeitsfront) angegeben, allerdings nicht der eigentlich
      geforderte Zeitrahmen "von" - "bis" (zur Mitgliedschaft in
      der DAF, auch zur diesbezüglichen Einzelmitgliedschaft, siehe
      die kurzen Überlicksausführungen im Kapitel "In Kelkheim das
      Neue Große Vertuschen"). 

   Zusätzliche Quellen: u.a. HHStAW 425,3927, 425,3930

                             -----&-----

c) Karte "Kelkheim"

Schreibmaschine C (Gedrucktes hier kursiv wiedergegeben)
Handschriftliche Eintragungen auf Vorder- und Rückseite, Bleistift:
offenbar diverse Hände
Handschriftliche Ergänzungen auf der Rückseite, Tinte, Feldertitel:
Hand 5, Spaltentitel ("Geburtstag"): Hand 6

Vorderseite oben

      Gemeinde  Kelkheim             

Außer mit Bleistift handschriftlich (lateinische Schrift) "Kelkheim"
keine Eintragungen.
Ausfüllung der Grunddaten nach anderen Quellen (u.a. Akten des
Landratsamts von Ende 1937).

Einwohner                            2341                     
Flächengröße                         411 ha 
Postbestellbezirk                    Kelkheim im Taunus
Ortsgruppe N S D A P                 Kelkheim im Taunus
Kirchspiel [Pfarrbezirk]             [Kein Hinweis gefunden]
Amtsbezirk [Amtsgericht]             Königstein im Taunus
Standesamt                           Kelkheim im Taunus
Gesamt-
       Schulverband                  [Eigen-]
Eigen-

Vorderseite unten

Vordruck-Tabelle Steuersätze 1935 bis 1940 unausgefüllt.

Rückseite

Tabellenformular, Gedrucktes wie recto kursiv wiedergegeben.
Spalte 1: Funktionen, hier in Abkürzungen, Aufschlüsselungen siehe
Fußnotenteil.
Feld 1: Spaltentitel unverändert übernommen, Überschrift "Geburtstag"
(= Spalten 8 und 9) handschriftlich.
Angaben: maschinenschriftlich, handschriftliche Ergänzungen siehe
Fußnotenteil (Tinte, deutsche Schrift, Feldertitel: Hand 5, Spalten-
titel: Hand 6, beide ungleich zu den Handschriften auf der Münster-
Karte und der Hornau-Karte).
Spalte "Pg": In drei Fällen wurde der Eintrag "nein" ersetzt durch
             "[ja]", da jeweils ein (dem Stand der Karteikarte gegen-
             über jüngerer) NSDAP-Beitritt ermittelt wurde (siehe
             Anmerkungen).
Spalte "Schulung": Alle Nein-Eintragungen ("-") mit Kopierstift (vio-
lett).
Weitere Eintragungen mit Bleistift (siehe Fußnotenteil).

→ »»
      Name         Vorname   Beruf          Berufen  Pg  Schu- Geburtst.
                                               am        lung

Bm    Rittgen      Jakob     Bürgermeister   1. 1.   ja   ja     1. 3.91
                                                1937
Bg 1. [Kein Eintrag]
   2. [Kein Eintrag]

   1  Seebold      Georg 5.  Landwirt       26. 6.   ja   -     13.11.91
                                                1936
   2  Faber        Peter     Möbelfabrikant 26. 6.36 ja   -      4. 5.83
   3  Graf         Georg         "          26. 6.36 ja   -     12. 5.97

Gr 1  Seebold      Georg     Landwirt       15.11.35 ja   -     13.11.91
   2  Martin       August    Schreinerm[.]  15.11.35 ja   -     23. 4.00
   3  Sperzel      Friedrich     "          15.11.35 ja   -     24. 5.81
   4  Göhler       Alfred    Arbeiter       15.11.35 [ja] -     23. 5.01
   5  Lindwurm     Hans      Schreinerm[.]  15.11.35 ja   -     17. 1.82
   6  Wolf         Richard   Drogist        15.11.35 ja   -      1. 4.98
   7  Bender       Heinrich  Kaufmann       15.11.35 ja   -     17. 3.99
   8  Dichmann Dr. Leonhard  Direktor       17. 1.36 [ja] -      8. 3.90

------------------------------------------------------------------------

R     Ost          Ernst     Gem.Rechner     1. 5.   ja   -     20.11.96
                                                1925
Pb    Schlüter     Heinrich  Polizei-       10. 2.08 [ja] -      6.10.80
                             Hauptwachtm.
Ag    [Kein Eintrag]
«« ←

Platzbedingte Abkürzungen:

Geburtst. = Geburtstag (handschriftlicher Eintrag über zwei Spalten,
            Tinte, Hand 6)
Bm        = Bürgermeister
Bg        = Beigeordnete (Zählung maschinenschriftlich)
Gr        = Gemeinderäte (Zählung maschinenschriftlich)
R         = Rechner (handschriftlich, Tinte, Feld: Amtsvorsteher,
            durchgestrichen)
Pb        = Polizeibeamter (Feld: Gendarmerie [/] beamter,
            "Gendarmerie" durchgestrichen, durch "1) Polizei=" ersetzt)
Ag        = Amtsgehilfe (Feld: Gendarmerie [/] beamter, darunter
            "2. Amtsgehilfe" handschriftlich hinzugefügt)

Textvergleich(e): 6 (28.12.2017, 6.3.2018, 20.3.2018, 27.3.2018,
                  29.5.2018, 3.7.2018)

Anmerkungen:

   1) Zu Rittgen: Seit 1.7.1937 Bürgermeister in Bad Soden (siehe
      andernorts und auch oben die Bemerkung zu dem von ihm verfaßten
      Schreiben).
      Zur Angabe Schulung: Hatte vom 19. bis 31.8.1935 in Bad Soden
      einen "kommunalpolitischen Kursus" besucht. Wahrscheinlich ist
      mit "Schulung" diese Teilnahme gemeint.

   2) Zu Seebold: Keine Angabe unter "Schulung". Seebold als NSDAP-Orts-
      gruppenleiter ohne "Schulung"? Er war selber Schulungsleiter! Hier
      stellt sich demnach die Frage, welche Art "Schulung" gemeint sei
      (siehe auch oben unter Rittgen).

   3) Zu "Beigeordnete": Mit Bleistift Seebold etwa zur Hälfte schräg
      durchgestrichen (Ausstreichung offenbar halb ausradiert), außer-
      dem unterstrichen, Unterstreichung aber gestrichelt rückgängig
      gemacht; ebenfalls mit Bleistift "2 Faber" und "3 Graf" durchge-
      strichen.
      Zu "Gemeinderäte": Mit Bleistift Seebold mehrfach durchgestrichen,
      nach Martin "Obermeister", nach Dichmann "Dr." ergänzt.
      Graf war schon seit spätestens 1934 Gemeindeschöffe (= Beigeordne-
      ter); von spätestens 1934 bis vermutlich Ende 1935 oder Anfang
      1936 war 1. Gemeindeschöffe (= 1. Beigeordneter) der Postmeister
      und NSDAP-Ortsgruppenleiter Joseph Lauer (Ortsgruppenleitervorgän-
      ger von Seebold, siehe andernorts).

   4) Zu Martin: August Martin jun. (siehe auch Fußnote zuvor); August
      Martin sen.: geb. 23.8.1875, Schreinermeister, nach den Angaben
      auf seinem "Meldebogen" vom 24.4.1946 nicht in der NSADP, aber
      Mitgliedschaft in NSV und RLSB (beide 1940-1945).

   5) Zu Sperzel: War nach Aussage eines Enkels (geb. 1937) in den
      1920er Jahren SPD-Mitglied (Auskunft diesem Verf. gegenüber
      am 14.11.2018). 

   6) Zu Göhler: Nach DAF-Rundschreiben Jugendwaltung/Unterbann I/166
      (Main=Taunus) 5/35 vom 12.3.1935, den Reichsberufswettkampf 1935
      betreffend: Pg, DAF-Kassenwalter ("Walter" = Wart; Quelle: HHStAW
      425,2307, Reichsberufswettkampf)
      Nach eigenen Angaben im "Meldebogen" des Entnazifizierungsgeset-
      zes): NSDAP-Beitritt 1937, zudem NSDAP-Blockleiter und Mitglied
      in der NSV, in der DAF "Sach[be]arbeiter" (Überprüfung der Datie-
      rung des NSDAP-Beitritts bei Gelegenheit; Ergänzung der Angaben
      nach dem "Meldebogen" 13.8.2021, Quelle: HHStAW).

   7) Zu Dichmann: NSDAP-Beitritt 1.5.1937 (aber zuvor schon Eintritte
      in andere NS-Organisationen). Die Angabe ist eine übliche Rück-
      datierung der NS-Zentralstelle. Eigentlich bestand wegen des 1933
      aufgekommenen Massenandrangs bis zum 1.5.1939 Aufnahmesperre, zum
      1.5.1937 wurde aber eine kurze zwischenzeitliche (sehr enge) Öff-
      nung verfügt u.a. für Personen, die sich nationalsozialistisch be-
      währt oder hervorgetan hatten. Die "enge Öffnung" bewirkte sofort
      wieder einen unbeschreiblichen Massenandrang, dem Drosselungen
      und die erneute Schließung auf dem Fuß folgten (Erläuterung hierzu
      siehe andernorts und ganz besonders natürlich den juristischen
      Kommentar Schullze 1948).
      Beachte zu "Beitritt": Man konnte der NSDAP gar nicht "beitreten".
      Man WURDE aufgenommen! Das bezeugt auch die Wortwahl auf den Mit-
      gliederkarteikarten. Zudem wurde die Aufnahme reichsweit zentral
      verwaltet, es wurde auch kontrolliert, im Bedarfsfall sehr genau,
      auf jeden Fall ging dem "Beitritt" ein streng organisiertes Über-
      prüfungsprozedere voraus (Schullze 1948, S. 254):

         "Bis zum Jahre 1932 war es möglich für die [NSADP-]Ortsgruppe,
         direkt mit dem Gau und in einzelnen Fällen sogar mit der
         Reichsleitung in München in Mitgliedschaftsangelegenheiten
         schriftlich zu verkehren; von diesem Zeitpunkt ab jedoch [Au-
         gust 1932] war der vorgeschriebene Weg Ortsgruppe, Kreis, Gau,
         Reichsleitung und auf demselben Wege zurück. Dadurch war eine
         Ordnung und gleichzeitig ein genauer Überblick geschaffen
         (Weiteres andernorts bzw. siehe Schullze 1948)."

      Auf der Mitgliederkarteikarte des Dr. Leonhard Dichmann steht nach
      "Aufnahme beantragt am:" das Datum "17.6.37" (es ist aber für die-
      sen Verf. noch nicht erwiesen, auf was sich diese Angabe wirklich
      bezieht, z.B. ob auf die Datierung des Antrags, den Eingang beim
      Ortsgruppenleiter, den Eingang bei der Zentrale in München oder
      sogar erst auf den Beginn der Bearbeitung). Aufschlußreich ist
      auch auf Dichmanns Karteikarte die zeitliche Angabe zur Ausstel-
      lung seiner persönlichen, vom Ortgruppenleiter dann per Handschlag
      auszuhändigenden (roten) Mitgliedskarte. Sie zeigt, wie lange, be-
      dingt durch die riesigen Mengen, die Bearbeitungsvorgänge dauer-
      ten: "Mitgliedskarte ausgestellt am: [Stempel] 1. Juli 1938".
      Literaturempfehlung: Benz (Hg.), Wie wurde man Parteigenosse?, Die
      NSDAP und ihre Mitglieder, 2009, Fischer TB 18068, 218 S. (Ein-
      bandfoto: Aufnahmeanträge lagerraumhoch gestapelt, aufgetürmt).

   8) Zu Schlüter: NSDAP-Beitritt 1940, war außerdem noch in vier weite-
      ren NS-Organisationen Mitglied (Informationen laut "Meldebogen"
      des Entnazifizierungsgesetzes und "Fragebogen" der Military
      Government of Germany, Quelle: HHStAW; Anmerkung 13.8.2021). 

   9) Zu den Feldern: Jedes Feld schließt nach dem Geburtsdatum pedan-
      tisch mit einem Punkt ab (in zwei Fällen steht sogar nach dem
      Berufungsdatum ein Punkt).

  10) Eine wichtige Rolle in der Stadtverwaltung spielte als Gemeinde-
      sekretär auch der Verwaltungsinspektor Johann Stelzer: Pg, Orts-
      gruppenleiter der NSKOV (Nationalsozialistische Kriegsopferversor-
      gung, HK, 8.10.1940, S. 5; siehe "1940", in Vorbereitung). Stelzer
      nahm als Amtsperson insbesondere an den beiden NS-Bürgermeister-
      einsetzungen teil: November 1936 (Rittgen, Wiedereinsetzung),
      August 1938 (Graf, NSDAP, SS).

  11) Zur Datierung der Gemeinderatsbesetzung ein Hinweis: An der Sit-
      zung zur Wiederberufung des Bürgermeisters Rittgen, die unter
      Kreisleiter Fritz Fuchs, dem Beauftragten der NSDAP für den Main-
      Taunus-Kreis, am 11.11.1936 stattfand, nahmen teil: Seebold (Bei-
      geordneter), Sperzel, Martin, Göhler, Bender, Wolf, Lindwurm, Dr.
      Dichmann, Seebold (das ist der Gemeinderat wie auf der Karte ange-
      geben, vollzählig, Nennung der Räte im vorliegenden Protokolldoku-
      ment in dieser Reihenfolge, beachte: Seebold wie auf der Kartei-
      karte doppelt genannt), zugegen war außerdem noch als Verwaltungs-
      beamter Johann Stelzer (zu ihm siehe die Fußnote zuvor; zur Beset-
      zung bei der Ernennung des SS-Bürgermeisters Willi Graf siehe an-
      dernorts).

Wohnnachweise 1939, 1950, 1952 alphabetisch geordnet (in Vorbereitung)












[thema_drei_karteikarten]

Online: 31.7.2018, Version: 1.76, 24.3.2024

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Bearbeitungen und Kommentare (c) Diethelm Paulussen (siehe Titelseite)